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Digital Game-Based Learning – spielend lernen?

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Als Kind der 1980er Jahre bin ich mit Computerspielen groß geworden. Stundenlang saß ich mit Begeisterung vor dem heimischen Rechner und löste die kniffeligen Problemstellungen des Adventure-Games „Monkey Island“ (kombiniere Gummihuhn mit Karabinerhaken ;-) ) oder drückte mich bei Woolworth rum, um auf dem Ausstellungsstück des Gameboys „Tetris“ zu spielen. Auch später habe ich mich an dem ein oder anderen Ego-Shooter oder Strategiespiel meines Bruders versucht – doch irgendwann habe ich dann aufgehört, am PC zu spielen. Studium, Arbeit, Familie, Freunde … mir fehlte einfach die Zeit bzw. sind mir andere Freizeitbeschäftigungen wichtiger geworden. Dennoch werde ich tief im Herzen immer ein Computerspiele-Fan bleiben – eine Reaktivierung dieser Leidenschaft ist nicht völlig ausgeschlossen.

So ist es kein Wunder, dass ich mich besonders auf das aktuelle Thema des Opco 12 – Game-based Learning – gefreut habe. An meiner sechs Monate alten Tochter sehe ich jeden Tag, dass Spielen die ursprünglichste Form menschlichen Lernens ist. Mit einer Riesenportion Motivation, Spaß und Ausdauer erschließt sie sich ihre Umwelt, gibt nicht auf, auch wenn sie mal nicht so schnell vorankommt.

In einigen Berufsgruppen hat die Aus- und Weiterbildung mittels (digitaler) Spiele Tradition (z.B. Flugsimulation), doch oft frage ich mich, warum das enorme Potenzial der Spiele nicht stärker für das Erreichen formeller Lernziele eingesetzt wird.

Welche Vorteile verspricht man sich vom spielbasierten Lernen? Warum verbringen wir manchmal Stunden spielend am Computer, während es schwerfällt, sich 30 Minuten mit einem als „trocken“ empfundenen Lehrtext auseinanderzusetzen?

  • Computerspiele senden im Regelfall eine sofortige Rückmeldung auf die Handlung des Spielers. Er macht die Erfahrung, dass er etwas bewirken und verändern kann (Selbstwirksamkeitserfahrung).
  • Spiele sind spannend, fordern den Spieler durch Problemstellungen zur Entwicklung von Lösungen / zum Handeln heraus. Erfolgreich gelöste Probleme machen stolz, noch nicht gelöste Aufgaben wollen gelöst werden.
  • Spieler fühlen sich schnell mit ihrem Avatar emotional verbunden.
  • Durch das Eintauchen in die Rahmengeschichte eines Spiels machen die Gamer Lebens- und Rollenerfahrung.

Im Idealfall löst der Lernende im Rahmen eines digitalen Lernspieles aktiv und selbstgesteuert praxisnahe Problemstellungen in verschiedenen Settings, betrachtet Aufgaben aus der Sicht unterschiedlicher Avatare. Durch dieses aktive Ausprobieren nach dem Trail-and-error-Prinzip werden v.a. das Verstehen von Zusammenhängen und die Problemlösefähigkeit gefördert.

Um dies zu gewährleisten, müssen Spiele sowohl didaktisch durchdacht als auch technisch und gestalterisch gut umgesetzt worden sein. Die Kunst ist sicherlich, die Lernspiele so zu gestalten, dass sich Lerninhalte in das Spiel einfügen, ohne dass die Spieler merken, dass sie etwas lernen sollen. Im Idealfall vergessen sie schon nach kurzer Zeit, dass es sich eigentlich um ein Lernspiel handelt. Reißen hingegen zu viele Wissenseinheiten die Nutzer aus dem Spielverlauf heraus, verlieren diese – so zeigt die Erfahrung – schnell ihre Begeisterung und die erhofften positiven Effekte von Game-based Learning bleiben aus (implizite Wissensaneignung statt dem Aufpeppen von Informationsblöcken durch Spielelemente).

Die Entwicklung von digitalen Lernspielen ist teuer und aufwendig und deshalb vermutlich nicht von jeder Bildungseinrichtung zu leisten. Andererseits ließen sich mit ein bisschen Ausdauer im Internet einige brauchbare sowie kostenfreie Lernspiele finden, die sich beispielsweise im Geschichte-, Sozialkunde-, Erdkunde- oder Wirtschaftsunterricht gut einsetzen ließen (z.B. Food-Force, Frontiers-Game, Energetika 2000, Geocaching). Auch Kooperationsprojekte zwischen verschiedenen Bildungseinrichtungen zur Entwicklung von Lernspielen oder von Tools zu deren Erstellung wären eine gute Möglichkeit, um die Kosten auf mehrere Schultern zu verteilen.

Doch auch ein gelungenes Lernspiel mit einem ausgewogenen Verhältnis zwischen Spielspaß und zu vermittelnden Inhalten garantiert noch lange keinen Lernerfolg in Form eines Wissenstransfers in den Alltag der Lernenden. Man kann nicht voraussetzen, dass alle Teilnehmer bloß aufgrund der neuen Vermittlungsform genau das Beabsichtigte lernen. Spielebasiertes Lernen sollte deshalb immer pädagogisch betreut werden.

Resümee für mich: Digitale Lernspiele bergen sicherlich Risiken (z.B. könnten sich Spieler zu sehr darin verlieren), aber auch Potenziale, die genutzt werden können, um Lernprozesse anzustoßen und um den Lernenden Praxiserfahrung zu ermöglichen. Eine große Hürde zur Einführung spielebasierten Lernens sind für viele Bildungseinrichtungen derzeit sicherlich die hohen personellen und finanziellen Kosten, die durch Konzeption, Entwicklung und Implementation befürchtet werden. Da viele Unterrichtende und Bildungsverantwortliche zudem keine „Gamer“ sind, kann davon ausgegangen werden, dass sie dem Trend „Game-based Learning“ zunächst eher kritisch gegenüber stehen. So wird es sicher noch eine Weile dauern, bis der Traum vom spielerischen Lernen für eine große Zahl Studierender in Erfüllung gehen wird.

So, und jetzt spiele ich erst mal eine Runde Tetris … ein Glück, dass das heute kostenlos und online geht ;-) !



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